Termine

PD Dr. phil. habil. Jens Kastner

]a[ Akademie der bildenden Künste Wien
Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften
Vorlesung im Wintersemester 2023/24
Ästhetik und Kunstsoziologie I (040.085)
Montags, 10-13h. Zweiwöchentlich
02.10., 16.10., 30.10., 13.11., 27.11., 11.12.2023, 08.01., 22.01.2024

Die Linke und die Kunst. Ein Überblick 
Innerhalb linker Theorie und gesellschaftstheoretischer Entwürfe spielt die Kunst keine zentrale Rolle. Dennoch zieht sich die Auseinandersetzung mit künstlerischen Praktiken und der Frage, welche Rolle die Kunst in gesellschaftlichen Prozessen spielt, nicht zufällig durch eine Vielzahl von Texten linker TheoretikerInnen.

Die Vorlesung geht diesen Spuren der Kunst innerhalb linker Theorie von Marx und Proudhon bis heute nach. Weil einerseits weder als gegeben angenommen werden kann, was „links“ noch was „Kunst“ bedeutet, und andererseits die Anzahl an in Frage kommender AutorInnen und Texte unüberschaubar ist, beschränkt sich die Vorlesung auf ausgesuchte Positionen. Diese werden vor allem hinsichtlich dreier Fragen diskutiert: 
Erstens: Welches Verständnis von Kunst wird vertreten? Zweitens: Welcher Stellenwert wird der so verstandenen Kunst in der Gesamtheit gesellschaftlicher Verhältnisse eingeräumt? Wie verhält sich die Kunst zu anderen Strukturbereichen und anderen Praktiken, die nicht Kunst sind? Und welche Kunst ist überhaupt gemeint? Und drittens: Was wird jeweils von der Kunst erwartet? Ist sie Teil emanzipatorischer Veränderungen oder steht sie ihnen im Wege? 

0. Einführung. Zur Klammer „linke Theorie“ und „Kunst“. I. „wirksamer als hundert Flugschriften“. Kunst bei Marx & Engels. II. „Die Lust der Zerstörung ist zugleich eine schaffende Lust!“. Kunst und anarchistische Theorie. III. Ein „konkretes und wirkliches Erfüllungsgebiet“. Kunst im Marxismus-Leninismus. IV. „im Protest gegen soziale Rezeption“. Kunst in der Kritischen Theorie. V. „mit der praktischen Strömung zur Negation vereinigt“. Kunst und die situationistische Theorie. Exkurs: Spiegelung und Brechung. Von Lenin zum Poststrukturalismus. VI. „because it’s what they know best“. Kunst im Feminismus. VIII. „Ohne Unterdrückung und ohne Rassismus kein Blues“. Kunst und Black Liberation. VIII. „a recognition of related practices“. Kunst und materialistische Praxistheorie. IX. „veränderte Setzung“. Kunst in der poststrukturalistischen/ postfundamentalistischen Theorie. X. „a lot like communism“. Kunst im Postoperaismus. XI. „die perfide Struktur kultureller Herrschaft“. Kunst in der post- und de-kolonialistischen Theorie. XII. Resümee & Ausblick

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Akademie der bildenden Künste Wien
Institut für Kunst und Kulturwissenschaften
Ästhetik und Kunstsoziologie III/ Kritische Theorien Modul III
Seminar im Wintersemester 2023/24 (040.094/ 040.114)
Montags, 10-13h. Zweiwöchentlich.
09.10., 23.10., 06.11., 20.11., 04.12.2023, 15.01.2024.

Bourdieu dekolonial
Kolonialismus, Habitus und „revolutionäres Bewusstsein“ in der Sozial- und Kulturtheorie Pierre Bourdieus

Wie nur wenige der bedeutendsten Sozialtheoretiker*innen des 20. Jahrhunderts hat Pierre Bourdieu (1930–2002) den Kolonialismus zur zentralen Referenz für sein Schaffen gemacht. Bereits Ende der 1950er Jahre forschte Bourdieu als Ethnologe im kolonialen Algerien und intervenierte zugleich in die politischen Debatten um Fragen des „revolutionären Bewusstseins“ und die Rolle der Intellektuellen für sozialen Wandel. Die „koloniale Erfahrung“ prägte dementsprechend zentrale Begriffe der Bourdieu`schen Theoriearchitektur wie etwa Habitus und Praxis. Ausbeutung und Entwurzelung durch koloniale Herrschaft zu beschreiben und gleichsam anzuprangern, ist ein Motiv, das sich durch Bourdieus gesamtes Werk zieht. Lange bevor es in den letzten Jahren zum state of the art kritischer Sozialtheorie wurde, forderte Bourdieu schon 1975 die „Dekolonisierung der Soziologie“. 
Zugleich aber tauchen Bezugnahmen auf koloniale Gewaltverhältnisse und Denk- wie Verhaltensmuster in Bourdieus großen Studien wie „Die feinen Unterschiede“ und „Die Regeln der Kunst“ kaum auf. Soziale Bewegungen stellen zwar Bezugspunkte von Bourdieus politischen Interventionen in den 1960er wie auch in den 1990er Jahren dar, werden als Trägerinnen sozialer Transformationen aber kaum theoretisiert. Das hat Bourdieu etwa die Vorwürfe des Determinismus, der Ausgrenzung und sogar einer „großen Auslöschung“ (Raewyn Connell) eingebracht. 
Handelt es sich um eine Diskrepanz zwischen theoretischen und politischen Schriften und wenn ja, wie ist sie zu begreifen? Und wie wäre eine Verbindung zwischen politischem Engagement und Sozialtheorie herzustellen? Oder lassen sich politische Stellungnahmen und theoretische Modelle gar nicht voneinander trennen? Welchen Beitrag leistet Bourdieu schließlich trotz allem zu einer dekolonialistisch ausgerichteten Sozial- und Kulturtheorie? 
Das Seminar soll in die Grundlagen der Sozial- und Kulturtheorie Bourdieus einführen und dabei deren dekolonialistischen Potenziale ausloten.

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]a[ Akademie der bildenden Künste Wien
Institut für Kunst und Kulturwissenschaften
Wintersemester 2023/24
040.102 Seminar für Diplomand_innen und Dissertant_innen
Dienstags 10-12h. Zweiwöchentlich.
10.10., 24.10., 07.11., 21.11., 05.12., 16.01., 30.01.

Ästhetik und Kunstsoziologie für Abschlussarbeiten
Strömungen, Ansätze, Methoden

„An Unterschieden“, schrieb Georg Simmel in seiner Soziologischen Ästhetik (1896), „sind unsere Empfindungen geknüpft, die Wertempfindungen nicht weniger als die des Haut- und Wärmesinns“. An Unterschieden richtet sich nicht nur das Ästhetische – verstanden als Denk-, Gefühls- und Wahrnehmungsweisen – aus, sondern auch Wissenschaft ist unterscheiden und begründen. Die Kunstsoziologie kann so gesehen auch als Vermittlung zwischen Ästhetik und empirisch-theoretischen Wissenschaften fungieren.
Das Seminar soll Grundlagen kunstsoziologischer Theorie vertiefen und die Möglichkeit bieten, über aktuelle Fragestellungen Ansätze und Methoden zu diskutieren.

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Akademie der bildenden Künste
Institut für das künstlerische Lehramt
Wintersemester 2023/24
KB 4.2 / MS 4.5 Gesellschaftstheorie (060.142)
Mittwochs, 9.30-12:30h, zweiwöchentlich
11.10., 25.10., 08.11., 22.11., 06.12., 20.12., 17.01. Raum IKL KSG0301.

„Der Schritt, den wir nicht machen können“
Materialistische Sozialtheorie und Kunst

Das Anliegen, sich wieder mit dem Kunstwerk als solchem zu beschäftigen, beschrieb der Soziologe und Kulturwissenschaftler Raymond Williams in seinem Buch Sociology of Culture (1981) als „Schritt, den wir nicht machen können“. Warum nicht? Ohne soziale Kontexte, so Williams, sind künstlerische Arbeiten nicht nur nicht zu begreifen. Ihre Existenz selbst ist eine durch und durch gesellschaftliche. Als soziokulturelle Kategorie sollte sie auch in ihrer Form untersucht werden.
Nicht alle gesellschaftstheoretischen Ansätze haben sich auch systematisch mit Kunst beschäftigt, aber doch einige: Vor allem in der Tradition des kulturellen Materialismus sind verschiedene Modelle entwickelt worden, künstlerische Praktiken zu beschreiben und einzuordnen. 
Dabei kommen sowohl praxis- als auch strukturtheoretische, subjektivistische wie objektivistische Theorieansätze zum Einsatz. Insofern gibt die jeweilige Beschäftigung mit Kunst auch Auskunft über Grundannahmen und Methoden kritischer Gesellschaftstheorie selbst.
Anhand der Diskussion ausgewählter Texte zur Kunst – von AutorInnen wie Antonio Gramsci über Pierre Bourdieu bis zu Angela McRobbie – beansprucht das Seminar, zugleich methodische und theoretische Grundlagen gesellschaftstheoretischer Analyse zu vermitteln.

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Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw)
Institut für Kulturmanagement und Gender Studies (IKM)
Vorlesung im Wintersemester 2023/24

Donnerstag, 19.10.2023, 14:30h–18:30h
Donnerstag, 30.11.2023, 9h–13h
Freitag, 26.01.2024, 14:30h–18:30h

Die Kultursoziologie Pierre Bourdieus im Kontext
Im Zentrum dieser Einführung in die Kultursoziologie steht das Werk des französischen Soziologen Pierre Bourdieu (1930–2002). Die Vorlesung zeichnet die Genese seiner theoretischen Konzepte historisch nach und diskutiert explizite Vorläufer*innen und Stichwortgeber*innen (Karl Marx, Émile Durkheim, Max Weber) sowie implizite Einflüsse (etwa von Georg Simmel, Antonio Gramsci, Norbert Elias und Simone de Beauvoir). Anschließend werden die wichtigsten Begrifflichkeiten von Bourdieus kultursoziologischem Ansatz vorgestellt, um schließlich die (vor allem feministische und dekolonialistische) Kritik daran zur Diskussion zu stellen.
Dabei werden auch grundlegende Fragen diskutiert: Was ist Kultur und was zeichnet einen spezifisch soziologischen Zugang zu ihr aus? Wie verhalten sich Kultur im Allgemeinen und Kunst im Besonderen zueinander? Welche politischen Implikationen hat die Theoriebildung und inwiefern greift sie möglicherweise in ihren Gegenstand ein?